Sapperlot, da hat mich Monsieur le KWiNK während meinem Dienst aber ganz schön erschreckt:
Mein Weihnachtswunsch an Euch: @mauerunkraut muss die ganzen Feiertage über arbeiten (Krankenpflegerin).Wünscht ihr bitte frohe Weihnachten!
— KWiNK (@LeKWiNK) 25. Dezember 2015
Tatsächlich war ich von meinem Dienst an Weihnachten, für den ich mich sogar freiwillig eingetragen habe, ein wenig angenervt. Zum Einen, weil genau deswegen mein Verlobter die Feiertage alleine zu Hause (mit seiner PlayStation) verbringen musste. Zum Anderen, weil ich mich als Krankenpflegerin in letzter Zeit nicht wertgeschätzt fühle.
Vor allem außerhalb der Klinik
Ich überrasche noch immer Menschen damit, dass ich „intelligent“ bin – weil Pflege noch immer oft als Beruf gesehen wird, in dem Fachwissen und Denkvermögen nicht notwendig sei. Insbesondere mein medizinisches Fachwissen muss ich gerne mal mit Wikipedia-Artikeln belegen.
Irgendwie ist auch das Konzept „Schichtarbeit“ gänzlich unbekannt: ich muss immer noch Leuten erklären, dass man während seines Nachtdienstes nicht schläft, sondern tatsächlich arbeitet UND deswegen auch tagsüber schlafen MUSS. Oder, dass man Abends früh schlafen gehen muss, weil man am nächsten Tag um halb 5 Uhr aufstehen muss. Auch am Wochenende.
Und da ich eher mit Krankheit, Tod und nicht zuletzt auch mit dem Wahnsinn: Krankenhaus™ konfrontiert bin, kann ich in Unterhaltungen auch nur selten lustige Anekdoten aus meinem Arbeitsalltag zum Besten geben.
Natürlich mag ich meinen Beruf
Mittlerweile ist ja sehr vielen bekannt, dass die Arbeitsbedingungen in der Pflege nicht immer die besten sind. Dennoch muss man sich als Pflegende immer wieder dafür rechtfertigen, diese öffentlich anzusprechen. Natürlich hab ich mir den Beruf irgendwann einmal ausgesucht. Natürlich mag ich den Beruf auch noch. Aber muss man deswegen bestehende Verhältnisse akzeptieren? In der Pflege herrscht Fachkräftemangel unter anderem wegen der Arbeitsbedingungen. Und durch den demografischen Wandel werden in Zukunft noch mehr Pflegekräfte benötigt werden. In einem YouTube-Kommentar wurde ich gefragt, warum es mich überhaupt interessiert, was andere über meinen Beruf denken (in dem Video wurde unter anderem Pflege mit Prostitution verglichen). Es ist auch immer wieder aufs Neue ernüchternd, wenn meine schlechten Wortwitze auf Twitter eher Verbreitung finden als Anliegen und Petitionen, die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern – insbesondere, weil niemand davor sicher sein kann, irgendwann in irgendeiner Form auf pflegerische Versorgung angewiesen zu sein.
Solche Dinge vermiesen einem nicht nur den Spaß, sondern kratzen auch am eigenen Selbstwert. Wie soll man sich auch in einer Umgebung fühlen, die zwar die eigenen Leistung beanspruchen möchte, diese aber nicht wertschätzt oder die, die sie ausführt, nicht achtet? Einige der Nachrichten, die auf KWiNKs Aufruf bei mir eintrudelten, heiterten mich aber tatsächlich wieder auf. Sie erinnerten mich auch an ein Phänomen, dass in meinem Beruf immer wieder auftritt: dass sich die beruflich Pflegenden von der Gesellschaft nicht wertgeschätzt fühlen, Studien aber immer wieder belegen, dass die Pflegeberufe im Ansehen hoch im Kurs stehen. Und vielleicht muss man, wenn man sich schlecht fühlt, auch daran erinnert werden, dass man anderen Menschen doch irgendwie wichtig ist.
Und deswegen: Danke an alle eure Weihnachtswünsche und Danke an Monsieur le KWiNK, der per Twitter diesen Aufruf startete.
Vergesst aber bitte nicht auch all die anderen, die im Gesundheitswesen für euch da sind, die Rettungsdienste, die Labor- und RöntgenassistentInnen, die Altenhilfe, die Feuerwehren usf usw (ihr wisst was ich meine). Und zwar nicht nur an Weihnachten, sondern das ganze Jahr 24/7. Ihr müsst ihnen jetzt nicht regelmäßig einen Tweet widmen. Aber vielleicht kennt ihr jemanden in eurer Umgebung in einem dieser Berufe und verabredet euch mal werktags mit ihm oder ihr? Vielleicht könnt ihr euch auch ein wenig in gesundheitspolitische Themen einbringen, Beiträge und Petitionen teilen oder auch privat darüber reden, auch wenn ihr gerade selbst nicht davon betroffen seid?
Und weil der letzte Absatz nun doch ein wenig undankbar klang: Danke.