„Aber irgendwann werdet ihr doch von Pflegerobotern ersetzt…“
Das bekomme ich tatsächlich immer wieder mal zu hören. Kürzlich sprang mich das Thema im Rahmen der ARD-Themenwoche „Zukunft der Arbeit“ wieder an. Wenn es um Digitalisierung und Automatisierung in der Arbeit geht, werden die sogenannten „Pflegeroboter“ zwangsläufig irgendwann in den Raum geworfen. Und dann diskutiert man einerseits die Chance Überalterung und Fachkräftemangel aufzufangen und andererseits das Risiko vor einer „Entmenschlichung“ in der Pflege.
Wenn man mir erklärt, dass mein Berufsstand ja irgendwann von „Pflegerobotern“ ersetzt wird: #Pflege pic.twitter.com/EmbdOxq7YP
— mauerunkraut (@mauerunkraut) 31. Oktober 2016
Falsche Vorstellungen
An diesen Diskussionen stört mich immer wieder die Vorstellung, humanoide Maschinen könnten ausgebildete Pflegefachkräfte verdrängen und ersetzen. Man glaubt, Pflege sei eine rein körperliche Arbeit, die keine komplexen Denkprozesse und Interaktionen erfordert. Wenn „Pflegen jeder kann“, dann kann das selbstverständlich auch eine Maschine.
Und gleichzeitig wirkt das Bild der Pflegeroboter auch sehr bedrohlich. Niemandem gefällt die Vorstellung als Pflegebedürftiger nur noch Kontakt zu einer Maschine zu haben und ihr dann auch noch in grundlegenden Bedürfnissen ausgeliefert zu sein. Bilder wie das „Pflegen am Fließband“ oder die „Waschstraße“ erscheinen plötzlich unangenehm real. Da warnt man dann gerne vor „mangelnder Zuwendung“, als wäre das einzige was Pflegefachkräfte von Maschinen unterscheidet die Zuwendung.
Auf dieser Diskussionsgrundlage ist es schwer, sich vernünftig mit dem Thema auseinanderzusetzen. Denn: auch in der Pflege werden immer mehr Technologien eingesetzt werden. Aber es werden weder Fachkräfte durch Pflegeroboter ersetzt, noch werden Pflegebedürftige von humanoiden Maschinen komplett versorgt werden.
Vergesst die Pflegeroboter endlich! Reden wir darüber wie Pflegende durch technische Entwicklung entlastet werden können und wie sie im Umgang mit ihnen geschult werden, um für die unterschiedlichen Pflegesettings und Pflegebedürftige die passenden Geräte auszuwählen. Sprechen wir darüber, wie Menschen auch mit Einschränkungen ein selbstbestimmteres und unabhängigeres Lebenführen können – denn darüber wird in diesem Kontext viel zu wenig gesprochen. Lasst uns, bei all der Euphorie, auch über Patienten- und Datensicherheit sprechen. Vergessen wir dabei aber nicht ethische Aspekte, gerade wenn es um Menschen mit kognitiven Einschränkungen geht.
Ich habe einen Lifter im Bad. Das ist auch ein Roboter. Ich will da keine Zuwendung. Ich will selbständig baden. #AnneWill
— Christiane Link ✈️ (@Christiane) 30. Oktober 2016
Pflegende sind nicht nur Anwender
Wir müssen aber auch darüber reden, wie Pflegepraxis und Pflegewissenschaft stärker in Entwicklung Erprobung neuer Technologien mitwirken. Pflegefachkräfte sollten nicht mehr nur als DAUs*, sondern als Expert*innen ihres Fachs gesehen werden, die die Anforderungen an technischen Hilfsmitteln in ihren entsprechenden Pflegesettings kennen.
Neben der weit verbreiteten Vorstellung von Pflegerobotern, müssen wir also auch das Bild von Pflege als mitfühlende und rein zwischenmenschliche Interaktion abschütteln. Dann können wir uns auch endlich einmal vernünftig und differenziert mit den Chancen, Grenzen und Risiken der zunehmenden Technologisierung annehmen und so die für uns beste Lösung finden.
*DAU = Dümmste anzunehmender User