Das Brautkleid Oder: Die Inszenierung des Prinzessinnenmoments #kwixileaks

Lassen Sie mich durch, ich will heiraten! #kwixileaks

Ich erinnere mich an das die the Royal Wedding von Kate & William, und daran, wie mein damaliger Oberarzt unsere Teamassistentin bat, ihn anzurufen, wenn sie mitbekommen sollte, dass die Braut im Kleid zu sehen sei. Denn, auch wenn es auf einer Hochzeit prinzipiell um zwei Menschen geht, so steht doch die Braut – und ganz besonders das, was sie trägt – im Mittelpunkt.

Ich war nie wirklich im Heiratsfieber, in meinen Lebensplänen hatte ich mir die Option, nicht zu heiraten, auch meist offen gehalten. Aber natürlich hab ich mir doch hin und wieder Gedanken gemacht, wie ich gerne heiraten würde. Genauer gesagt: wie ich als Braut aussehen würde. Weiß war dabei jedoch nie eine Option, eher eine Tradition die ich schon aus Prinzip brechen wollte. Weil es für mich keinen Sinn machte: weder würde ich sexuell jungfräulich heiraten, noch lege ich oder mein Umfeld Wert darauf, dies nach außen zu zeigen. Mal ganz abgesehen davon, dass DAS nun wirklich niemanden etwas angeht.

Und doch schreit nichts mehr: „Seht her ich heirate!“, als ein langes weißes Kleid. Womöglich bin ich auch deswegen, an einem weißen Kleid hängengeblieben. Es war keine bewusste Entscheidung. Eigentlich wollte ich ein Familienerbstück tragen, das sich allerdings nicht so einfach anpassen ließ, wie angenommen. Und da stand ich nun, in einem Brautmodengeschäft, umgeben von ivory-weiß und hatte absolut keinen Plan, was ich auf meiner Hochzeit tragen wollte. Ich hatte auch keine vertraute Person an meiner Seite, die mir bei der Auswahl helfen würde. Aber glücklicherweise waren die Verkäuferinnen in diesem Laden sehr einfühlsam und so hatte ich nach nur anderthalb Stunden DAS Kleid gefunden.

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So schön das Kleid auch war, ich kann noch immer nicht begreifen, dass ich einen vierstelligen Betrag für ein Kleid ausgegeben habe, das ich nie wieder tragen werde. Nicht einmal, wenn ich ein zweites Mal heiraten würde. Mein Mann zahlte für seinen Anzug gerade mal ein Zehntel und kann ihn als seinen besten Anzug zu entsprechenden Gelegenheiten wieder tragen. Für ein Brautkleid gibt es nur eine Gelegenheit. Insgesamt ging für Kleid, Schuhe und Styling beinahe mein gesamter Anteil an der Hochzeit dafür drauf, eine Braut zu sein.

Noch dazu eine typische Braut. Mit meinem Kleid hatte ich eine allgemein akzeptierte Wahl getroffen. Was war aus dem Mädchen geworden, das wenn überhaupt dann in Schwarz heiraten wollte – und zwar einfach nur aus Prinzip? Hatte ich im entscheidenden Moment tatsächlich keinen Plan oder bin ich mittlerweile einfach nur angepasst? Hätte ich überhaupt den Nerv gehabt, mit meinem Brautkleid dasselbe durchzumachen, wie mit meinem nicht vorhandenen Verlobungsring? Hätte ich auch hier im Nachhinein das Gefühl bekommen, es nicht so „schön“ gehabt zu haben, wie alle anderen?

Ich war überfordert davon, eigentlich sämtliche Freiheiten aber gleichzeitig das Gefühl zu haben, Erwartungen entsprechen zu müssen. Und ich hatte zwischendurch ziemliche Angst, dass das alles Ausmaße annehmen würde wie in der Eingangsszene von Disneys Mulan:

Doch ganz im Gegenteil: ich genoss als Braut einen wahnsinnig tollen Service. Natürlich machten alle ihr Geschäft mit „der Braut“, aber man gab mir auch immer das Gefühl, dass es nur um mich ging. Sein Ausstatter sagte meinem Mann sogar, als der sich über den Preisunterschied zwischen seinem und meinem Outfit laut wunderte: „Bei einer Hochzeit geht es nun mal vor allem um die Braut.“ Und ich müsste lügen, wenn ich behaupte, dass es sich nicht auch gut anfühlte, für alle im Mittelpunkt zu stehen.

Rückblickend betrachtet sehe ich darin jedoch vor allem die Inszenierung des Prinzessinnenmoments und zwar für das Brautpaar, seine Gäste und für die Hochzeitsfotos sowieso.  Die Braut wird als Märchenprinzessin in Szene gesetzt, deren Hochzeit ihr Happy Ending mit dem Prinzen einläutet – der Prinz ist schon fast nur noch Erfüllungsgehilfe.

Den ultimativen Prinzessinnenmoment kann man aber in Japan erleben: Dort werden seit zwei Jahren Solo Weddings angeboten, mit denen Frauen ihren persönlichen Prinzessinnenmoment inszenieren können. Und zwar ganz allein für sich – und ohne dabei, wie es in Japan üblich ist, anschließend die Rolle der Hausfrau zu übernehmen.

Eine Hochzeit sollte doch, nach meinem Verständnis, das neu beginnende gemeinsame Ehe- und eventuell Familienleben einläuten und zwar für beide Lebenspartner gleichermaßen. Stattdessen wird um die Braut ein großer Wirbel gemacht, während doch eigentlich das Paar gefeiert werden soll. Und dabei sind wir uns noch nicht einmal sicher, ob wir feiern, dass die Frau an den Mann gebracht wurde oder ob wir feiern, dass sie ihn rumgekriegt hat? (Und angesichts der Späße a lá „Endstation Ehe“, die in der Regel auf Männer abzielen und nie aus der Mode kommen, ist diese Frage nicht ganz unberechtigt):

Ist DAS unser Bild von der Ehe? DAS?!? Ja, das ist witzig gemeint, aber witzig ist es nur, wenn es einen Anknüpfungspunkt in der persönlichen Realität des Betrachters hat. Fühlen so viele Männer, dass sie ihren Frauen ihr Geld herreichen müssen? Dass die Ehe „Game Over“ und Schluß mit lustig ist? Mache ich was falsch, weil ich mit meiner Frau glücklich bin und das Gefühl habe, der größte Spaß liegt noch vor uns? Oder sind diese Bilder, an denen wir uns aufhängen, einfach… verquer und am Ende sogar schädlich für Beziehungen, weil sie eine falsche Normativität vermitteln? #ehe #frauen #männer #sexismus #sexistischekackscheisse #Feminismus #bierdeckel

Ein von KWiNK (@lekwink) gepostetes Foto am