Vergesst die Pflegeroboter

„Aber irgendwann werdet ihr doch von Pflegerobotern ersetzt…“

Das bekomme ich tatsächlich immer wieder mal zu hören. Kürzlich sprang mich das Thema im Rahmen der ARD-Themenwoche „Zukunft der Arbeit“ wieder an. Wenn es um Digitalisierung und Automatisierung in der Arbeit geht, werden die sogenannten „Pflegeroboter“ zwangsläufig irgendwann in den Raum geworfen. Und dann diskutiert man einerseits die Chance Überalterung und Fachkräftemangel aufzufangen und andererseits das Risiko vor einer „Entmenschlichung“ in der Pflege.

Falsche Vorstellungen

An diesen Diskussionen stört mich immer wieder die Vorstellung, humanoide Maschinen könnten ausgebildete Pflegefachkräfte verdrängen und ersetzen. Man glaubt, Pflege sei eine rein körperliche Arbeit, die keine komplexen Denkprozesse und Interaktionen erfordert. Wenn „Pflegen jeder kann“, dann kann das selbstverständlich auch eine Maschine.

Und gleichzeitig wirkt das Bild der Pflegeroboter auch sehr bedrohlich. Niemandem gefällt die  Vorstellung als Pflegebedürftiger nur noch Kontakt zu einer Maschine zu haben und ihr dann auch noch in grundlegenden Bedürfnissen ausgeliefert zu sein. Bilder wie das „Pflegen am Fließband“ oder die „Waschstraße“ erscheinen plötzlich unangenehm real. Da warnt man dann gerne vor „mangelnder Zuwendung“, als wäre das einzige was Pflegefachkräfte von Maschinen unterscheidet die Zuwendung.

Auf dieser Diskussionsgrundlage ist es schwer, sich vernünftig mit dem Thema auseinanderzusetzen. Denn: auch in der Pflege werden immer mehr Technologien eingesetzt werden. Aber es werden weder Fachkräfte durch Pflegeroboter ersetzt, noch werden Pflegebedürftige von humanoiden Maschinen komplett versorgt werden.

Vergesst die Pflegeroboter endlich! Reden wir darüber wie Pflegende durch technische Entwicklung entlastet werden können und wie sie im Umgang mit ihnen geschult werden, um für die unterschiedlichen Pflegesettings und Pflegebedürftige die passenden Geräte auszuwählen. Sprechen wir darüber, wie Menschen auch mit Einschränkungen ein selbstbestimmteres und unabhängigeres Lebenführen können – denn darüber wird in diesem Kontext viel zu wenig gesprochen. Lasst uns, bei all der Euphorie, auch über Patienten- und Datensicherheit sprechen. Vergessen wir dabei aber nicht ethische Aspekte, gerade wenn es um Menschen mit kognitiven Einschränkungen geht.

Pflegende sind nicht nur Anwender

Wir müssen aber auch darüber reden, wie Pflegepraxis und Pflegewissenschaft stärker in Entwicklung Erprobung neuer Technologien mitwirken. Pflegefachkräfte sollten nicht mehr nur als DAUs*, sondern als Expert*innen ihres Fachs gesehen werden, die die Anforderungen an technischen Hilfsmitteln in ihren entsprechenden Pflegesettings kennen.

Neben der weit verbreiteten Vorstellung von Pflegerobotern, müssen wir also auch das Bild von Pflege als mitfühlende und rein zwischenmenschliche Interaktion abschütteln. Dann können wir uns auch endlich einmal vernünftig und differenziert mit den Chancen, Grenzen und Risiken der zunehmenden Technologisierung annehmen und so die für uns beste Lösung finden.

*DAU = Dümmste anzunehmender User

Say my name Oder: Die Namensfrage #kwixileaks

 Lassen Sie mich durch, ich will heiraten!

Wenn eine Frau nach einer Hochzeit nun als Ehefrau ins normale Leben zurückkehrt, wird ihr eine Frage besonders häufig gestellt:

„Hast du deinen Namen behalten?“

Und ich bin ein wenig froh, dass mir diese Frage in genau dieser Form gestellt wird und nicht davon ausgegangen wird, dass ich, wenn man bedenkt, wie selbstverständlich es heute noch in Heterobeziehungen ist, den Familiennamen meines Mannes annehme. Die „schlimmste“ Bemerkung in dieser Angelegenheit war aber lediglich: „Ah, Sie haben also Ihren Mädchennamen behalten?“ Andererseits fragt man ausschließlich mich nach dem Namen. Bei meinem Mann ignoriert man irgendwie, dass für ihn ja ebenso freie Namenswahl besteht wie für mich. Ich allerdings auch.

Während meiner persönlichen Namensfindung vor der Hochzeit überlegte ich viele Monate hin und her und probierte in Gedanken verschiedene Möglichkeiten und Kombinationen aus. Natürlich sprach ich auch mit meinem Zukünftigen darüber. Besser gesagt: ich klagte ihm mein Leid über diese schwere Entscheidung, aber ich bezog ihn nie vollständig mit ein. Ich bin mir nicht einmal mehr sicher, ob ich ihn überhaupt fragte, ob er vielleicht doch einen anderen Namen annehmen wollte. So drehte sich diese Frage, wie bei den meisten anderen Hetero-Paaren auch, um den Namen der Frau. Weil davon ausgegangen wird, dass für den Mann alles beim Alten bleibt. Allerdings machte mich genau das hin und wieder wütend, weil ich das Gefühl hatte, mich allein mit dieser Frage rumplagen zu müssen.

Professor Trelawney has quite the backstory! What else does #PottermorePresents reveal about her?

Ein von Pottermore (@pottermore) gepostetes Foto am

Und ja, diese Frage war eine Plage. Einerseits wollte ich ja schon, dass die Familie, die mein Mann und ich gründen wollen, einen gemeinsamen Namen trägt. Gleichzeitig hatte ich bei dem Gedanken, meinen Namen abzulegen, das Gefühl, als müsste ich mir ein Körperteil abschneiden und zurücklassen. Doppelnamen wollte ich auch nicht. Und dann ging es mir ja nicht einmal allein um meinen Namen, sondern auch darum, welchen Namen unsere Kinder einmal tragen sollen. Wollte ich in meiner eigenen Familie die Außenseiterin mit dem anderen Namen sein? Und würde ich das von meinem Mann verlangen wollen? Aber warum sollten unsere Kinder seinen Namen tragen, wo doch Mutterschaft körperlich, psychisch und vor allem gesellschaftlich ein Leben sehr viel stärker verändert, als Vaterschaft es tut (was natürlich nicht heißen soll, dass sie komplett ohne Bedeutung ist).

Mittlerweile denke ich, dass die Namensfrage noch sehr einfach ist, solange es nur um die Eheleute geht. Hier können beide noch im Zweifel für sich selbst und vor allem auf Augenhöhe entscheiden. Aber wie kriegt man bei den gemeinsamen Kindern eine halbwegs gleichberechtigte Entscheidung hin? Und ich glaube, dass dies der Punkt ist, an dem sich die meisten Paare, beziehungsweise die Frauen, für die gängige Variante entscheiden. Und nicht zuletzt sind für die Frauen sämtliche Möglichkeiten akzeptiert, bei Männern hingegen sieht es schon wieder anders aus. Doppelname ginge unter Umständen vielleicht noch, aber den Namen der Frau annehmen? Gibt es natürlich, allerdings sehr viel seltener als Männer mit Doppelnamen.

Auch wenn wir frühere Familienrechtsverhältnisse zumindest juristisch hinter uns gelassen haben, lebt vieles noch in unseren Traditionen weiter. Wie zum Beispiel die Übergabe der Braut vom Vater an den Ehemann, die nicht nur am Traualtar inszeniert wird, sondern sich eben auch im Ablegen des Geburtsnamens zeigt, der ja meistens der Familienname des Vaters ist. Und ja, es gibt sie auch heute noch, die enttäuschten Eltern, wenn der Familienname nicht an die Enkel weitergegeben wird.

Und da darf ruhig auch in Frage gestellt werden, wie frei solche Entscheidungen getroffen werden. Nicht nur für die Frauen, sondern für die Paare – gemeinsam und auf Augenhöhe. Oder wie objektiv die Entscheidung getroffen werden kann, wo es doch immer gute Gründe gibt, dass frau ihren Namen ablegt und mindestens genauso viele Gründe dafür, dass mann seinen Namen behält? Ich habe auch schon erlebt, wie Frauen in einen Rechtfertigungsmodus umgesprungen sind, als sie nach ihrem Namen gefragt wurden. So ähnlich wie Fleischesser:innen gegenüber Vegetarier:innen ihren Fleischkonsum rechtfertigen. Während man doch eigentlich nur wissen wollte, welchen Namen man in die Liste eintragen sollte.

Für die Namensfrage gibt es zur Zeit wirklich keine einfache Lösung, wenn man einen Anspruch an Gleichberechtigung und Augenhöhe hat und diesen Anspruch auch an die Kinder in Form des Familiennamens weitergeben möchte. Und obwohl diese Frage so wichtig und einschneidend ist – schließlich geht es hier um einen Teil der persönlichen Identität – wird sie in Sachen Heiratsvorbereitungen nur sehr unzureichend behandelt. In Heterobeziehungen meistens als eine Entscheidung, die die Frau zu treffen hat. Selbst ich behandel dieses Thema erst jetzt in dieser Reihe, obwohl mich diese Frage stärker beschäftigt hat, als die Ringe oder das Brautkleid. Wir sollten anfangen dieser Frage mehr Raum zu geben. Wir brauchen ein Klima, in dem Paare alle Optionen durchspielen können und ermutigt sind, auch andere Optionen als die Üblichen zuzulassen. Und vielleicht findet sich im Laufe der Zeit tatsächlich eine Variante, die dem Anspruch nach Augenhöhe gerecht wird.

Und falls es jemanden interessiert: Ich hab meinen Mädchennamen nicht behalten, sondern meinen Namen. Und es hat sich schon allein dafür gelohnt, dass ich ihn nicht auch noch in sämtlichen Dokumenten ändern lassen muss. 

Passend und lesenswert auf kleinerdrei: Nicht nur Schall und Rauch

Der eine Ring Oder: Ein Stein #kwixileaks

Lassen Sie mich durch, ich will heiraten!

Bislang waren die Hochzeitsvorbereitungen nur von diesem unbestimmten Gefühl begleitet, dass bestimmte Erwartungen einfach erfüllt werden müssen, so brachte es unsere „Trauringbotschafterin“, bei der wir unsere Trauringe ausgesucht haben, sehr deutlich auf den Punkt:

„Sie werden sich hinterher noch ärgern!“

Mir ist schon lange bevor uns nach Eheringen umgesehen haben aufgefallen, dass viele Frauen mittlerweile kleine Brillanten in ihren Ringen trugen. Was für mich persönlich nie in Frage kam. Erstens wurde ich den Verdacht nicht los, dass diese Steinchen den Damenring einfach nur teurer machen sollten. Zweitens soll ein Ehering für mich etwas Beständiges und Bodenständiges ausdrücken. So wie das gemeinsame Zusammenleben im Zweifel ohne Schnörkel und hübsche Flitterkram auskommen können soll, so sollte auch der Ehering, eher schlicht sein. Und drittens: Eheringe sind Partnerringe und da finde ich es nur logisch, wenn beide den gleichen Ring tragen. Und da mein Mann das ähnlich sieht, wollten wir beide das so handhaben.

Glücklicherweise ist das alles Geschmackssache und jedes Paar kann (und sollte) das für sich so handhaben wie es das für richtig hält. Wer gemeinsam die Höhen und Tiefen des Lebens bestreiten will, braucht dafür keinen Ring (egal ob mit oder ohne Stein) oder ein anderes gemeinsames Symbol, wie zum Beispiel ein Partnertattoo.

Dass wir beide schlichte Ringe wollten, bedeutet nicht, dass wir uns keine Extravaganz geleistet hätten. So entschieden wir uns für ein bestimmtes Modell, das extra bestellt werden musste, weil wir uns unsere Ringe in Roségold wünschten.

UND ohne Stein.

Ich erntete großes Unverständnis von der Trauringbotschafterin. Schließlich gehöre so ein Steinchen doch einfach zum Ehering (der Frau) dazu, weil er etwas Besonderes ist. Widersprüche meinerseits ließ sie nicht gelten. DENN im Grunde wünscht sich jede(!) Frau einen Brillanten in ihrem Ehering. Ich nicht. Und auch nicht meine Mutter, die sogar bei zwei Eheringen sehr gut ohne Stein im Ring auskam – „Ja, weil es damals nichts anderes gab! Sie hätte sich bestimmt einen Brillanten gewünscht.“ Abschließend fügte sie noch hinzu: „Glauben Sie mir, Sie werden sich hinterher sehr ärgern, wenn Sie den Ring ohne Stein nehmen.“

An dem Punkt hatte sie mich. Ich wusste nur allzu gut, wie das unbestimmte Gefühl an mir nagte, ohne Verlobungsring etwas verpasst zu haben. Hinzu kam noch, dass ich aufgrund einer Betriebsparty am Vorabend, zu wenig Schlaf und einem anstrengenden Frühdienst, wahnsinnig erschöpft war und ich einfach nicht mehr die Energie hatte, diese Diskussion weiterzuführen. Also gab ich auf.

Am nächsten Tag dachte ich noch einmal über diese Situation nach. Und ich wurde wütend. Warum wird mir etwas eingeredet, von dem ich ganz klar gesagt habe, dass ich das nicht will? Nicht nur als Braut, sondern überhaupt als Kundin. Ich rief im Juweliergeschäft an, erklärte die Situation, und dass ich meinen Ring nun doch ohne Schein haben wollte. Natürlich war die Bestellung schon unterwegs. Ich befürchtete auch, dass sich die Bestellung im Nachhinein nicht ändern lassen wird. Das war mir aber in diesem Augenblick egal, es ging ums Prinzip. Glücklicherweise konnte die Bestellung doch noch umgeändert werden. Und man entschuldigte sich bei mir für das Verhalten der Trauringbotschafterin.

Wir bekamen sogar 30 Euro wieder. Auf den Cent genau der Unterschied, um den mein Ring teurer geworden wäre, als der meines Mannes. Abgesehen davon konnte ich mir ein Lachen nicht verkneifen: hatte die Trauringbotschafterin wirklich so einen Wind um ein 30-Euro-Steinchen gemacht? War sie ernsthaft der Überzeugung, dass sich „im Grunde jede Frau“ ein 30-Euro-Steinchen in ihrem Ehering wünscht?

Ich für meinen Teil weiß, dass ich mich sehr über ein Steinchen ärgern würde. Und zwar, zumindest ist das der Plan, mein Leben lang.