Lassen Sie mich durch, ich will heiraten!
Wenn eine Frau nach einer Hochzeit nun als Ehefrau ins normale Leben zurückkehrt, wird ihr eine Frage besonders häufig gestellt:
„Hast du deinen Namen behalten?“
Und ich bin ein wenig froh, dass mir diese Frage in genau dieser Form gestellt wird und nicht davon ausgegangen wird, dass ich, wenn man bedenkt, wie selbstverständlich es heute noch in Heterobeziehungen ist, den Familiennamen meines Mannes annehme. Die „schlimmste“ Bemerkung in dieser Angelegenheit war aber lediglich: „Ah, Sie haben also Ihren Mädchennamen behalten?“ Andererseits fragt man ausschließlich mich nach dem Namen. Bei meinem Mann ignoriert man irgendwie, dass für ihn ja ebenso freie Namenswahl besteht wie für mich. Ich allerdings auch.
Während meiner persönlichen Namensfindung vor der Hochzeit überlegte ich viele Monate hin und her und probierte in Gedanken verschiedene Möglichkeiten und Kombinationen aus. Natürlich sprach ich auch mit meinem Zukünftigen darüber. Besser gesagt: ich klagte ihm mein Leid über diese schwere Entscheidung, aber ich bezog ihn nie vollständig mit ein. Ich bin mir nicht einmal mehr sicher, ob ich ihn überhaupt fragte, ob er vielleicht doch einen anderen Namen annehmen wollte. So drehte sich diese Frage, wie bei den meisten anderen Hetero-Paaren auch, um den Namen der Frau. Weil davon ausgegangen wird, dass für den Mann alles beim Alten bleibt. Allerdings machte mich genau das hin und wieder wütend, weil ich das Gefühl hatte, mich allein mit dieser Frage rumplagen zu müssen.
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Und ja, diese Frage war eine Plage. Einerseits wollte ich ja schon, dass die Familie, die mein Mann und ich gründen wollen, einen gemeinsamen Namen trägt. Gleichzeitig hatte ich bei dem Gedanken, meinen Namen abzulegen, das Gefühl, als müsste ich mir ein Körperteil abschneiden und zurücklassen. Doppelnamen wollte ich auch nicht. Und dann ging es mir ja nicht einmal allein um meinen Namen, sondern auch darum, welchen Namen unsere Kinder einmal tragen sollen. Wollte ich in meiner eigenen Familie die Außenseiterin mit dem anderen Namen sein? Und würde ich das von meinem Mann verlangen wollen? Aber warum sollten unsere Kinder seinen Namen tragen, wo doch Mutterschaft körperlich, psychisch und vor allem gesellschaftlich ein Leben sehr viel stärker verändert, als Vaterschaft es tut (was natürlich nicht heißen soll, dass sie komplett ohne Bedeutung ist).
Mittlerweile denke ich, dass die Namensfrage noch sehr einfach ist, solange es nur um die Eheleute geht. Hier können beide noch im Zweifel für sich selbst und vor allem auf Augenhöhe entscheiden. Aber wie kriegt man bei den gemeinsamen Kindern eine halbwegs gleichberechtigte Entscheidung hin? Und ich glaube, dass dies der Punkt ist, an dem sich die meisten Paare, beziehungsweise die Frauen, für die gängige Variante entscheiden. Und nicht zuletzt sind für die Frauen sämtliche Möglichkeiten akzeptiert, bei Männern hingegen sieht es schon wieder anders aus. Doppelname ginge unter Umständen vielleicht noch, aber den Namen der Frau annehmen? Gibt es natürlich, allerdings sehr viel seltener als Männer mit Doppelnamen.
Auch wenn wir frühere Familienrechtsverhältnisse zumindest juristisch hinter uns gelassen haben, lebt vieles noch in unseren Traditionen weiter. Wie zum Beispiel die Übergabe der Braut vom Vater an den Ehemann, die nicht nur am Traualtar inszeniert wird, sondern sich eben auch im Ablegen des Geburtsnamens zeigt, der ja meistens der Familienname des Vaters ist. Und ja, es gibt sie auch heute noch, die enttäuschten Eltern, wenn der Familienname nicht an die Enkel weitergegeben wird.
Und da darf ruhig auch in Frage gestellt werden, wie frei solche Entscheidungen getroffen werden. Nicht nur für die Frauen, sondern für die Paare – gemeinsam und auf Augenhöhe. Oder wie objektiv die Entscheidung getroffen werden kann, wo es doch immer gute Gründe gibt, dass frau ihren Namen ablegt und mindestens genauso viele Gründe dafür, dass mann seinen Namen behält? Ich habe auch schon erlebt, wie Frauen in einen Rechtfertigungsmodus umgesprungen sind, als sie nach ihrem Namen gefragt wurden. So ähnlich wie Fleischesser:innen gegenüber Vegetarier:innen ihren Fleischkonsum rechtfertigen. Während man doch eigentlich nur wissen wollte, welchen Namen man in die Liste eintragen sollte.
Für die Namensfrage gibt es zur Zeit wirklich keine einfache Lösung, wenn man einen Anspruch an Gleichberechtigung und Augenhöhe hat und diesen Anspruch auch an die Kinder in Form des Familiennamens weitergeben möchte. Und obwohl diese Frage so wichtig und einschneidend ist – schließlich geht es hier um einen Teil der persönlichen Identität – wird sie in Sachen Heiratsvorbereitungen nur sehr unzureichend behandelt. In Heterobeziehungen meistens als eine Entscheidung, die die Frau zu treffen hat. Selbst ich behandel dieses Thema erst jetzt in dieser Reihe, obwohl mich diese Frage stärker beschäftigt hat, als die Ringe oder das Brautkleid. Wir sollten anfangen dieser Frage mehr Raum zu geben. Wir brauchen ein Klima, in dem Paare alle Optionen durchspielen können und ermutigt sind, auch andere Optionen als die Üblichen zuzulassen. Und vielleicht findet sich im Laufe der Zeit tatsächlich eine Variante, die dem Anspruch nach Augenhöhe gerecht wird.
Und falls es jemanden interessiert: Ich hab meinen Mädchennamen nicht behalten, sondern meinen Namen. Und es hat sich schon allein dafür gelohnt, dass ich ihn nicht auch noch in sämtlichen Dokumenten ändern lassen muss.
Passend und lesenswert auf kleinerdrei: Nicht nur Schall und Rauch
Ein sehr interessanter Artikel, ich kann da im Wesentlichen nur zustimmen.
Eine bekannte Familie von mir hat das Namensthema recht pragmatisch gelöst: Die Ehegatten haben bei der Heirat ihren Namen behalten und die Kinder tragen den Doppelnamen.
Hi André!
Die Idee mit den Doppelnamen für die Kinder kam mir auch schon ein paar mal. Stellte mir aber dann die Frage, wie man das denn löst, wenn sie selbst Kinder bekommen. Aber vielleicht muss man das auch einfach mal anfangen 🙂
In Spanien wird es traditionell so gehandhabt (ich nehme zur Vereinfachung aber deutsche Namen) :
Wenn Herr Müller-Schmidt und Frau Meier-Schütz heiraten, behalten sie Ihre Namen. Wenn sie Kinder bekommen, heißen sie Müller-Meier.
Finde ich eine wunderbar elegante Lösung. So ist die Abstammung in beide Richtungen ersichtlich und beständig. Wenn es für mich als Deutsche auch ein ulkiger Gedanke war, dass in einer Familie jeder einen anderen Nachnamen hat 😀
Ooh. Das gefällt mir. Was es außerhalb des Tellerrandes so für tolle Ideen gibt 🙂
Ich halte Doppelnamen grundsätzlich auch für eine ganz gute Idee, nur, wie du schon angesprochen hast, etwas kurz gedacht.
Wenn nun Herr Müller-Lüdenscheidt und Frau Leutheusser-Schnarrenberger ihren Kindern einen Doppelnamen geben wollen, wie zum Geier soll das denn funktionieren? Jeweils nur einen Teil der Doppelnamen? Und wenn ja, dann welche? Müller-Leutheusser oder Lüdenscheidt-Schnarrenberger? Und welcher kommt zuerst? Wie ist da überhaupt die rechliche Situation? Fragen über Fragen – vielleicht ist die tradiotionelle Lösung, wenn man sie auch als ein wenig sexistisch ansehen könnte, immernoch die beste.
Ich glaube ein „bestes“ kann es in dem Kontext nicht geben, weil man an die Frage unterschiedliche Maßstäbe anlegen kann.
Ich habe gerade Kommentare freigeschaltet, in denen eine Variante gezeigt wurde, wie man das mit den Doppelnamen lösen kann.
Sehr interessanter Artikel!
Zur Frage wie man dass löst, wenn es Enkel gibt und die Kinder Doppelnamen haben:
Die Idee mit den Doppelnamen für Kinder ist in Spanien seit einigen Jahrhunderten verbreitet und seit über 100 Jahren Gesetz, da kann man sich ja inspirieren lassen ;):
https://de.wikipedia.org/wiki/Spanischer_Name#Nachname
Das geht? Meinem Mann und mir hat man damals gesagt, Kinder müssten entweder wie ich oder wie er heißen.
Bekannte von mir haben schon zusammen überlegt, sich für ihre neue Familie einen komplett neuen Namen auszuwählen. Aber schließlich haben sie doch gemeinsam den Namen der Frau gewählt.
Aber mir gefiel, dass sie das gemeinsam diskutiert hatten und auf eine gemeinsame Lösung kamen.
Ich möchte auf jeden Fall den Namen meines Partners einmal annehmen. Ich stoße damit vor allem in meinem weiblichen Bekannten- und Freundeskreis auf regelrechte Empörung, wie altmodisch und unterdrückend das sei und dass ich meine Identität aufgeben würde.
Für mich steht die Entscheidung fest, seitdem mein Vater die Familie verlassen hat, als ich 11 Jahre alt war. Ich trage seinen Namen aber weiterhin und er stört mich. Er gehört nicht zu mir, nicht zu meiner Persönlichkeit. Höre ich meinen Nachnamen, verbinde ich ihn mit meinem Vater. Das bin nicht ich. Und je älter ich werde, desto mehr ich ich werde, spüre ich das. Es belastet mich richtig. Demnach kann ich den Tag nicht erwarten, an dem ich heiraten und den Namen eines Mannes tragen darf, der mich liebt. Ein Mann, der sich für mich entschieden hat.
Vielleicht ist das altmodisch, aber es ist aufrichtig. Und das lasse ich mir nicht nehmen. Wir sollten also nicht auf die Frauen herabschauen, die ihren Namen ablegen. Für manche ist es eine große Erleichterung und ein wichtiger Schritt zum Ich.
Ich hoffe mein Text suggerierte kein „herabschauen“. Natürlich gibt es gute Gründe dafür, wenn eine Frau ihren Namen ablegt. Viel wichtiger ist mir die Auseinandersetzung mit dieser Entscheidung.
Aber ohne dir in deine Entscheidung reinreden zu wollen, wäre den Geburtsnamen deiner Mutter anzunehmen eine Option für dich? Dann könntest du das ja selbst in die Hand nehmen, ohne auf einen Partner angewiesen sein zu müssen (und im Zweifel muss man auch sich selbst ein Partner sein) Ist nur ein Gedanke meinerseits, letzten Endes geht es ja um dich.
Hochzeit ist für mich noch nicht geplant, aber ich finde einen gemeinsamen Familiennamen wichtig, gerade wenn Kinder im Spiel sind, da er identitäts- und gemeinschaftsstiftend ist. Aus meiner Schulzeit weiß ich auch noch, dass Kinder mit Doppelnamen, ob als Vor- oder Nachname nur selten glücklich darüber waren, was aber auch daran liegen mag, dass Doppelnamen in Deutschland immer noch als lächerlich angesehen werden. Ich persönlich finde Doppelname eine sehr artifizielle Lösung, aber solange man die Diskussion: „Wollen wir deinen oder meinen Namen behalten?“ nicht auf Augenhöhe führen kann(wobei in meiner Erfahrung nicht so der Bräutigam sondern dessen Eltern Probleme machen), sind sie wohl leider notwendig.
Mittlerweile frage ich mich ja, ob ich der Möglichkeit eines Doppelnamens deswegen eher ablehnend gegenüberstand, weil sie hierzulande eher belächelt werden (gerne auch in Kombinationen mit irgendwelchen Emanzen-Klischees). Vielleicht hätte ich ihnen unter anderen Umständen auch offener gegenüber stehen können.
Aber wie du sagst, diese Diskussion muss für die Beteiligten auf Augenhöhe geführt werden können und daran müssen wir alle gemeinsam arbeiten.
Mein bester Freund hat damals den Namen seiner Frau angenommen. Fand ich stark von ihm, bei seinem konservativen Hintergrund.
Aber regelrecht witzig finde ich das bei meinem Chef. Der hat jetzt einen Doppelnamen und sie hat noch nur ihren Namen.
An meiner Hochschule sind einige wenige männliche Professoren mit Doppelnamen, was ich angesichts der kirchlichen Nähe sehr faszinierend finde (allerdings hat sie auch mehr ein offenes und philosophisches Profil).
Ich würde jedem seinen Namen behalten lassen und den Kindern den Namen der Mutter geben.
Heut gibt es viele Formen des zusammenlebens, da reicht doch dann ein Dokument des Nachweises aus wo drin steht : Tochter/ Sohn von „Anna Muster und Anton Muster“.
Dazu fällt mir auch wieder etwas anekdotenhaftes ein. Meine Halbschwester hat damals den Namen unserer Mutter und damit den Namen meines Vaters bekommen. Soweit so gut, da heißen wenigstens alle im gleichen Haushalt gleich. Nun heiratet aber meine Mutter nächstes Jahr wieder und nimmt den Namen ihres Mannes an. Tja, was macht nun meine Schwester?