Vegetarierin in Festanstellung

Es ist schon über ein Jahr her, als ich von meinem „Praktikum als Vegetarierin“ erzählte. Nach dieser Zeit kann man nun glaube ich von einer Festanstellung sprechen.

Vegetarier im Praktikum

Was hat sich für mich verändert?

Ich mache meine Bögen um Metzgereien und Grillbuden, allerdings war ich dort auch nie ein großer Kunde. Mittlerweile nehme ich Fleischgerüche und die Anblicke von Burger und Würsten bewusster wahr. Dabei überkommt mich oft ein schweres Gefühl im Magen bei dem Gedanken, wie sie produziert wurden.

Ein für mich sehr positiver Effekt ist, dass ich tatsächlich seltener krank werde als zuvor. Andererseits habe ich nun vor einiger Zeit auch mit dem Rauchen aufgehört. Ich behaupte, dass beides meiner Gesundheit gut getan hat. Abgenommen habe ich auch nicht, tatsächlich muss ich mich bemühen mein Gewicht zu halten, da mein Partner und ich ziemliche Schleckerkmäuler sind.

Was mich tatsächlich ein wenig nervt ist der mittlerweile obligatorische Blick auf die Zutatenliste. Leider schleicht sich in manchen Produkten das eine oder andere Bisschen Gelatine oder Lab, das man nicht erwarten würde. Tatsächlich habe ich vieles erst durch meinen Partner gelernt und erfahren. Rind in Kartoffelchips, wie soll man denn bitteschön darauf kommen? Ich mache mir auch keine Illusionen, dass ich, ohne es zu wissen, das eine oder andere Lebewesen zu mir nehme. Was ich allerdings nicht als Problem des Vegetarismusses sehe, sondern als ein Problem der Lebensmittelindustrie, die solche Dinge nicht ausreichend kennzeichnet. Meiner Meinung noch sollte jeder Verbraucher, egal wie er sich ernährt, die Möglichkeit haben, so etwas zu erfahren.

Dadurch ergibt sich für mich aber auch schon wieder der Vorteil, dass ich von vornherein frisch und selbst zubreite und koche. Ich probiere viele neue Rezepte aus und experimentiere. Gerade das gemeinsame Kochen am Wochenende ist für mich und meinem Freund zu einem festen Ritual geworden.

Veggie_platter

Gibt es Probleme mit Nichtvegetariern?

Meine Familie, Kollegen und Mitmenschen gehen ziemlich normal damit um. Natürlich gibt es die eine oder andere naive Nachfrage, was ich denn sonst so esse und Kommentare über Vegetarismus und Veganismus, die mich tatsächlich hin und wieder nerven. Aber ich habe bislang noch nie irgendwelche Diskussionen oder Vorurteile erfahren müssen. Offen gestanden bin ich immer wieder überrascht, wenn ich von wirklich extrem intoleranten Menschen lese, sowohl von Seiten der Fleischesser, als auch von Seiten von Veganern und Vegetariern.

Was mich bei der Weihnachtsfeier meines alten Arbeitgebers etwas verwunderte war, dass sich das Catering nahezu überschlug, wenn es darum ging kunstvolle Fleisch-, Wurst- und Fischplatten zu gestalten. Und die vegetarische Alternative aus Baguette mit Frischkäse bestand. Nicht dass ich bei solchen Gelegenheiten ein großes Menü erwarten würde, aber dass gelernten Köchen bei fleischlosen Gerichten die Fantasie ausgeht, macht mich doch ein wenig nachdenklich.

Mag aber auch daran liegen, dass Vegetarier im halbländlich halbstädtischem Bayern wohl doch exotischer sind, als ich dachte. Nun ja, mittlerweile lebe ich in der Großstadt und vielleicht ist es hier auch keine große Sache mehr.

Alles in allem

Mir geht es gut. Ich bin fleischlos glücklich. Nothing more to say.

Ein neues Praktikum

Ende Februar hab ich es offiziell gemacht:
Vegetarier im Praktikum

Ich esse nichts was ein Gesicht hat. Kein Fleisch, kein Geflügel, kein Fisch.

Mehr oder weniger zufällig ging der endgültige Schlussstrich mit dem Pferdefleisch-Skandal einher, allerdings habe ich bereits letztes Jahr meinen Fleischkonsum deutlich reduziert.

Davor habe ich mir kaum Gedanken um meine Ernährung gemacht, überwiegend standen Pfannengerichte und Fix-Beutel auf der Tagesordnung. Als alleinstehende Schichtarbeiterin war mir für’s richtige Kochen der Aufwand zu groß.

Selbst Lebensmittelskandale und die Bedingungen in denen Tiere gehalten werden, störten mich kaum. Jedoch kam irgendwann der Punkt an dem ich umzudenken begann, den Sinn der Fleischproduktion weltweit hinterfragte und über Reportagen über Mastbetriebe und Legebatterien stolperte.

Mir verging irgendwann der Appetit wenn ich beim Verzehr eines Schnitzels, an die fast industrielle Anfertigung von Kühen und Schweinen dachte und mit welchen Medikamenten sie gefüttert werden.

Ich änderte etwas, veränderte meinen Bezug zum Essen. Nahrung hält meinen Körper am Laufen, mir sollte bewusst sein, was ich zu mir nehme.

Durch meine Bekanntschaft mit Pseudoerbse kam ich mit der veganen Lebensweise in Berührung und war sehr fasziniert, wie vielfältig diese Ernährungsweise ist. Inspiriert durch weitere Blogs und Rezepte probierte ich einzelne Rezepte. Als ich nach meinem Umzug sogar noch zu einer richtigen Küche kam, machte mir das Kochen sogar noch viel mehr Spaß.
Ich finde es irgendwie bemerkenswert, dass ich mich trotz des Verzichts auf Fleisch, mich sehr viel abwechslungsreicher ernähre, als die Jahre davor.

Ich habe ein wenig mit mir gerungen, darüber zu schreiben, nicht weil ich befürchte es wäre uninteressant, mehr ob der Blüten, die die Diskussionen bezüglich pflanzlicher contra tierischer Nahrungsmittel treiben.

Nunja, andererseits kann ich mit diesem Artikel vielleicht Missverständnissen, wie: „Da Sie ja kein Fleisch mehr essen, habe ich Ihnen Lachssemmeln vorbereitet“ entgegenwirken 🙂