Lassen Sie mich durch, ich will heiraten! #kwixileaks

„Wir müssen nicht, wir brauchen nicht – aber JA wir wollen es!“

Als wir zusammenkamen, konnten wir buchstäblich hören, wie etwas zwischen uns Klick machte und einrastete. Möglicherweise war es nur das Geräusch, das unsere Brillen beim Küssen machten, wenn sie sich berührten – für uns war aber klar: Es passte!

Und weil es passte, zogen wir zusammen und planten unser gemeinsames Leben. Überlegten und überlegen immer noch, wann wir Kinder bekommen wollen und wie wir gemeinsam Beruf und Familie vereinbaren wollen. Heirat war für uns lediglich eine Formalität und wir genossen es, dass sie für unser Zusammenleben nicht notwendig war. Dennoch war auch für uns klar, dass wir den Schritt zum Standesamt gehen werden. Warum?

Vor allem, weil wir zusammenleben, füreinander einstehen und Kinder kriegen wollen – und der Staat macht einem dies umso leichter, wenn eine Eheurkunde vorhanden ist (umso schlimmer, dass dies anderen Familienmodellen noch immer verwehrt wird). Aber auch, weil man das halt so macht, weil wir das so kennen, weil wir so sozialisiert sind – zu behaupten, diese unsere Heiratspläne hätten nichts damit zu tun, wäre glatt gelogen.

Jedenfalls kam irgendwann der Moment, an dem wir unsere Heiratspläne verkündeten, schmiedeten und in die Tat umsetzten. Und zumindest für mich als „Braut“ war dieses Heiraten eine interessante Erfahrung, über die ich gerne schreiben möchte. Und unter der Kategorie „Lassen Sie mich durch, ich will heiraten!“ veröffentlichen.

Ich wünsche euch gute Unterhaltung 🙂

Kapitel 1: Der keine Ring – oder: Der Antrag
Kapitel 2: Das Brautkleid – oder: Die Inszenierung des Prinzessinnenmoments
Kapitel 3: Der eine Ring – oder: Ein Stein

Kapitel 4: Say my name – oder Die Namensfrage

Kapitel 5: Bis auf Weiteres Oder: Trennungen passieren 

Der keine Ring. Oder: Der Antrag #kwixileaks

Lassen Sie mich durch, ich will heiraten

Im Grunde war unsere Verlobung sehr intim und sehr romantisch; mit einer wunderbaren Überraschung die er in den Wochen davor vorbereitet hatte. Damit war sie für sich und für uns perfekt. Eigentlich.

Denn wenn ich erzählte, dass ich nun verlobt sei, wurde ich sehr schnell nach Details gefragt. Aus meiner Sicht gab es zu meiner/unserer Verlobung nicht viel zu erzählen, aber irgendwie erwartete man eine kleine hübsche Geschichte. ABER mit allem was dazu gehört. Auf die obligatorische Frage nach dem Verlobungsring antwortete ich meist mit einem frechen Grinsen: „Es gab keinen Ring. Wir hatten Pizza!“ Denn:

There is no aspect, no facet, no moment of life that can’t be improved with pizza.
(Daria Morgendorrfer)

Allerdings machte mir diese Standardantwort schon nach wenigen Tagen keinen Spaß mehr. Vor allem, als ich feststellte, dass ich mir für die Frage, ob er auf die Knie gegangen sei, gar keine coole Standardantwort zurechtgelegt hatte.

Danach bekam ich beim Thema Heiratsanträge immer wieder das Gefühl, als würde meiner/unserer Verlobung etwas fehlen. Aber war der Antrag unvollständig, weil er nicht vor mir kniete, sondern mich im Arm hatte? War der Antrag weniger romantisch, weil er mir eine sehr gelungene Überraschung bereitete, aber keinen Diamantring? Vor meiner Verlobung hielt ich Verlobungsringe für überflüssig und nun fragte ich mich immer wieder, ob ich nicht doch einen Verlobungsring hätte haben wollen. Und bekam noch zusätzlich ein schlechtes Gewissen, weil ich an den Mann, den ich heiraten wollte, keine derart oberflächlichen Erwartungen stellen wollte.

Was bedeuten uns Rituale wie Verlobungsringe und der Kniefall, dass sie noch immer erwartet werden? Und was sagen sie über uns aus? Warum wird nach den Details einer Verlobung gefragt, wenn dann doch irgendwie die gleichen Geschichten erwartet werden? Ist das nur unserer Bedürfnis nach Tradition und Struktur oder ist das der Einfluss unserer Popkultur, die die ewig gleichen Heiratsanträge immer wieder neu inszeniert?

Und in Puncto Erwartungen rede ich noch nicht einmal davon, dass (in Heterobeziehungen) die Frau den Antrag machen könnte, oder dass sich ein Paar gemeinsam und gänzlich ohne Antrag zu einer Heirat entscheidet. Wie zum Beispiel eine Bekannte, die nach jahrelanger Beziehung und gemeinsamer Elternschaft ihrem Partner, eher pragmatisch als romantisch, mitteilte, dass sie ihn nun gerne heiraten würde. „Ich find cool, dass du das so geradlinig gemacht hast. Aber ich glaub, ich hätte doch lieber nen richtigen Antrag“, lauteten die Reaktionen häufig. Und mir ging es dabei sehr ähnlich. Ich feiere es innerlich, wenn mit dieser Tradition gebrochen wird, ich kann mir aber nicht mal jetzt vorstellen, dass ich meinem Mann einen Antrag gemacht hätte. Und ich kann es noch nicht mal mir selbst erklären. Wenn es um mich selbst geht, dann fühlt es sich nicht „natürlich“ an, und dabei geht es doch um etwas ganz Natürliches: klar auszusprechen, dass man etwas will. Aber fühlt es sich nur deswegen unnatürlich an, weil ich es nicht anders kenne? Oder könnte dies sogar exemplarisch dafür stehen, dass Frauen auch in anderen Bereichen nachgesagt wird, dass sie nicht klar machen, was sie wollen? (Gehaltsverhandlungen, zum Beispiel)

Allerdings hätte ich mir umso eher vorstellen können, diese Entscheidung gemeinsam mit meinem Partner zu treffen. Ohne Ring, ohne Kniefall, ohne Antrag – vielleicht mit Handschlag? Naja, vielleicht mit einer Umarmung. Und Knutschen.

Und Sex. [Anmerkung des Ehemannes]

Nächste Folge: Das Brautkleid – Oder: Die Inszenierung des Prinzessinnenmoments