Lassen Sie mich durch, ich will heiraten!
Bislang waren die Hochzeitsvorbereitungen nur von diesem unbestimmten Gefühl begleitet, dass bestimmte Erwartungen einfach erfüllt werden müssen, so brachte es unsere „Trauringbotschafterin“, bei der wir unsere Trauringe ausgesucht haben, sehr deutlich auf den Punkt:
„Sie werden sich hinterher noch ärgern!“
Mir ist schon lange bevor uns nach Eheringen umgesehen haben aufgefallen, dass viele Frauen mittlerweile kleine Brillanten in ihren Ringen trugen. Was für mich persönlich nie in Frage kam. Erstens wurde ich den Verdacht nicht los, dass diese Steinchen den Damenring einfach nur teurer machen sollten. Zweitens soll ein Ehering für mich etwas Beständiges und Bodenständiges ausdrücken. So wie das gemeinsame Zusammenleben im Zweifel ohne Schnörkel und hübsche Flitterkram auskommen können soll, so sollte auch der Ehering, eher schlicht sein. Und drittens: Eheringe sind Partnerringe und da finde ich es nur logisch, wenn beide den gleichen Ring tragen. Und da mein Mann das ähnlich sieht, wollten wir beide das so handhaben.
Glücklicherweise ist das alles Geschmackssache und jedes Paar kann (und sollte) das für sich so handhaben wie es das für richtig hält. Wer gemeinsam die Höhen und Tiefen des Lebens bestreiten will, braucht dafür keinen Ring (egal ob mit oder ohne Stein) oder ein anderes gemeinsames Symbol, wie zum Beispiel ein Partnertattoo.
Dass wir beide schlichte Ringe wollten, bedeutet nicht, dass wir uns keine Extravaganz geleistet hätten. So entschieden wir uns für ein bestimmtes Modell, das extra bestellt werden musste, weil wir uns unsere Ringe in Roségold wünschten.
UND ohne Stein.
Ich erntete großes Unverständnis von der Trauringbotschafterin. Schließlich gehöre so ein Steinchen doch einfach zum Ehering (der Frau) dazu, weil er etwas Besonderes ist. Widersprüche meinerseits ließ sie nicht gelten. DENN im Grunde wünscht sich jede(!) Frau einen Brillanten in ihrem Ehering. Ich nicht. Und auch nicht meine Mutter, die sogar bei zwei Eheringen sehr gut ohne Stein im Ring auskam – „Ja, weil es damals nichts anderes gab! Sie hätte sich bestimmt einen Brillanten gewünscht.“ Abschließend fügte sie noch hinzu: „Glauben Sie mir, Sie werden sich hinterher sehr ärgern, wenn Sie den Ring ohne Stein nehmen.“
An dem Punkt hatte sie mich. Ich wusste nur allzu gut, wie das unbestimmte Gefühl an mir nagte, ohne Verlobungsring etwas verpasst zu haben. Hinzu kam noch, dass ich aufgrund einer Betriebsparty am Vorabend, zu wenig Schlaf und einem anstrengenden Frühdienst, wahnsinnig erschöpft war und ich einfach nicht mehr die Energie hatte, diese Diskussion weiterzuführen. Also gab ich auf.
Am nächsten Tag dachte ich noch einmal über diese Situation nach. Und ich wurde wütend. Warum wird mir etwas eingeredet, von dem ich ganz klar gesagt habe, dass ich das nicht will? Nicht nur als Braut, sondern überhaupt als Kundin. Ich rief im Juweliergeschäft an, erklärte die Situation, und dass ich meinen Ring nun doch ohne Schein haben wollte. Natürlich war die Bestellung schon unterwegs. Ich befürchtete auch, dass sich die Bestellung im Nachhinein nicht ändern lassen wird. Das war mir aber in diesem Augenblick egal, es ging ums Prinzip. Glücklicherweise konnte die Bestellung doch noch umgeändert werden. Und man entschuldigte sich bei mir für das Verhalten der Trauringbotschafterin.
Wir bekamen sogar 30 Euro wieder. Auf den Cent genau der Unterschied, um den mein Ring teurer geworden wäre, als der meines Mannes. Abgesehen davon konnte ich mir ein Lachen nicht verkneifen: hatte die Trauringbotschafterin wirklich so einen Wind um ein 30-Euro-Steinchen gemacht? War sie ernsthaft der Überzeugung, dass sich „im Grunde jede Frau“ ein 30-Euro-Steinchen in ihrem Ehering wünscht?
Ich für meinen Teil weiß, dass ich mich sehr über ein Steinchen ärgern würde. Und zwar, zumindest ist das der Plan, mein Leben lang.