Männer in der Pflege

Anstoß für diesen Beitrag sind Geschlechterdiskussionen in meiner Timeline und die Blogparade „Männer in der Pflege“. Dies ist jetzt nicht wirklich ein Blogparade-Post in dem Sinne. Ich habe mir aus dem was ich so an Diskussionen und Unterhaltungen, sowohl im Internet als auch draußen, so mit bekommen habe ein paar Gedanken gemacht, die heute irgendwie raus mussten. Ja, der Text hat ein bisschen was von einem Rant, aber das hat nichts persönliches mit irgendjemandem zu tun.

UND: (weil es ja immer Leute gibt, die manches falsch verstehen) Ich habe selbstverständlich nichts gegen Männer in der Pflege. Einige meiner besten Freunde sind Männer in der Pflege.

In diesem Text ist hauptsächlich von Männern und Frauen die Rede, weil das Thema in dieser Geschlechterbinarität diskutiert wird.

Pflege gehört ohne Frage zu den sogenannten klassischen Frauenberufen. Mit einem Frauenanteil von 70-80% kann man auch noch immer sagen, dass er sehr weiblich konnotiert ist. Care-Arbeit allgemein wird, beruflich wie privat, auch eher mit Frauen assoziiert. Es ist in unserer Gesellschaft nicht selbstverständlich, dass Männer Kinder großziehen, einen Familienhaushalt führen oder Angehörige pflegen. Daher ist es auch irgendwie nachvollziehbar, dass man sich mit der Rolle von Männern, in diesen sehr weiblich konnotierten Feldern besonders auseinandersetzt. Schon allein, weil Männer bei einem Anteil von 20-30% in der Pflege auch keine Ausnahmen mehr sind.

Aber auch hier ist es eine Frage, wie man sich mit ihnen auseinandersetzt. Markus Lauter erwähnte eine These, die von einer Rednerin auf dem Pflegetag 2015 aufgestellt wurde, nach der Frauen für die Pflege besonders disponiert sind und Männer eher untauglich. Ohne jetzt den Kontext zu kennen: im 21. Jahrhundert sollte sich die Frage, ob Männer an sich in der Lage sind zu pflegen, genauso wenig stellen, wie die Frage, ob Frauen an sich in der Lage sind programmieren. (Zumal in der Antike die Pflege von Kranken als Teil der Arztausbildung tatsächlich eine Männeraufgabe und das Programmieren im Zweiten Weltkrieg eine Frauenaufgabe war) Wenn überhaupt, können wir gern darüber reden, dass Care-Tätigkeiten in unserer Kultur sehr von Frauen geprägt sind und Mädchen daher eher vorgelebt bekommen, sich um andere zu kümmern, als es bei Jungs der Fall ist.

Was mich persönlich immer ein wenig verstört, sind die Unterhaltungen darüber, ob die Zusammenarbeit mit Männern oder mit Frauen „besser“ ist. Warum stellen sich Erwachsene heutzutage überhaupt diese Frage? Natürlich gibt es, wie überall auch, Kolleg*innen mit denen man sich besser versteht und mit denen man besser zusammenarbeitet – aber dazu ist das Geschlecht nun wirklich nicht ausschlaggebend.

Und rein zufällig, kommen diese Unterhaltungen, zumindest die, die ich so mitbekomme, meist immer zu dem Ergebnis, dass es angeblich mit Frauen immer total anstrengend ist, während Männer immer irgendwie „Ruhe“ ins Team bringen, weil sie nicht so „zickig“ sind – zu diesem Ergebnis kommen Männer und Frauen übrigens gleichermaßen. Gut, niemand ist frei von Stereotypen und Klischees, aber versucht doch mal in euren Kolleg*innen die Person zu sehen und nicht derdie Vertreter*in ihres Geschlechts. Vielleicht ist der KollegE ruhiger, weil er an sich ein ruhiger Typ ist? Vielleicht ist die KollegIN ja „zickig“, weil sie im Stress ist? Vielleicht bewerten wir das selbe Verhalten bei Männern und Frauen jeweils anders?

Was ich auch hin und wieder mal lese ist, dass Männer in der Pflege „gebraucht“ werden, weil sich dann die Arbeitsbedingungen verbessern. Schließlich würden Männer viel effizienter gegen diese Missstände vorgehen und außerdem haben die Frauen in der Pflege diese Missstände überhaupt erst so zugelassen (echt jetzt!).

Zunächst einmal sind Männer meiner Meinung nach nur aus einem Grund wirklich „notwendig“ (also im Sinne von für die Pflege von Menschen notwendig): weil Männer geschlechtsspezifische Bedürfnisse von männlichen Pflegebedürftigen besser nachvollziehen und besser auf sie eingehen können.

Die Arbeitsbedingungen zu verbessern kann nicht explizit die Aufgabe von Männern in der Pflege sein. Da halte ich es für wichtiger, Pflegende überhaupt dahingehend zu ermächtigen, sich zu engagieren und gegen Missstände vorzugehen. Und wenn wir irgendwie das Gefühl haben, dass gerade Frauen Hemmungen haben sich zu engagieren, sollten wir uns vielleicht einmal fragen, warum das so ist und dann auch versuchen sie zu empowern.

Es entbehrt dann auch nicht einer gewissen Ironie, wenn dann gleichzeitig bessere Arbeitsbedingungen gefordert werden, um Männern den Pflegeberuf überhaupt schmackhaft zu machen. Nichts gegen bessere Arbeitsbedingungen, ich mag bessere Arbeitsbedingungen. Aber ich will sie nicht, damit mehr Männer in die Pflege kommen. Sondern weil bessere Arbeitsbedingungen unserem Beruf und unserer Arbeit, von der die Gemeinschaft profitiert zustehen. Und weil sie notwendig sind, um Pflegebedürftigen und ihrem Umfeld die Pflege zu ermöglichen, die sie brauchen, weil es ihnen in unserer Solidargemeinschaft zusteht.

Pflege ist keine originäre weibliche Begabung – sie erfordert Kompetenzen, die man erlernen kann und muss. Jeder der diesen Beruf ergreifen will und geeignet ist, soll die Möglichkeit haben ihn zu ergreifen und sich beruflich mit seinen Stärken, Neigungen und Lebensplänen zu verwirklichen können. Und zwar unabhängig von seinemihrem Geschlecht oder anderen Oberflächlichkeiten.

Ich wünsche mir wirklich, dass wir innerhalb unserer Profession Stereotype und Vorurteile hinterfragen und reflektieren. Nicht nur, aber gerade in Bezug auf Geschlechter und sexueller Orientierung. Wie wollen wir individuelle Versorgung leisten, wenn wir die Schubladen in unserem Kopf nicht hinterfragen? Wie wollen wir als Profession solidarisch miteinander sein, wenn wir uns gegenseitig aufgrund von Geschlechterstereotypen definieren und bewerten?

Mädchen brauchen keine Eier!

Zugegeben, über die Mädchen-Überraschungseier hat man sich bereits mehr als genug empört und ich möchte mich auch gar nicht an ihnen festhängen. Ich sehe es mehr stellvertretend für den unübersehbaren Trend zur Geschlechtertrennung in der Spielzeugabteilung. Manche Beiträge zu diesem Thema sprechen sogar von einer Pinkifizierung der Kinderzimmer, genauer der Mädchen-Schlafzimmer.

Eine Ursache wird im sogenannten Gender-Marketing vermutet, das nun verstärkt in der Spielwarenabteilung angewandt wird, um Umsätze zu steigern. Aber ist die Geschlechtertrennung im Vergleich zu früher tatsächlich stärker geworden? Es scheint zumindest Eltern zu überraschen, dass ihre Töchter sich mehr zum „Mädchenhaften“ hingezogen fühlen. Pastelltöne, Feen, Glitzer etc. Und natürlich ist die Frage berechtigt, wieviel von dieser „Neigung“ durch Eltern und Marketing beeinflusst wurde und wie weit es dem Wesen des weiblichen Kindes entspricht. Man sollte auf jeden Fall darüber nachdenken.

Ein anderes Problem sehe ich auch darin, dass es zu langbekannten Klassikern meist eine Sonderedition für Mädchen gibt, aber keine für Jungs. Womit unterschwellig die Botschaft übermittelt wird: Jungs bzw. Männer sind das „Normale“, der „Standard“ und Mädchen bzw. Frauen sind anders. (Manche würden sogar sagen „weniger“) Das klingt natürlich auf dem ersten Blick sehr übertrieben, denn wer würde heutzutage noch solche Aussagen treffen wollen? Allerdings sollte man nicht unterschätzen, welche Wirkungen diese subtilen Botschaften haben, gerade wenn sie einen von Kindesbeinen an begleiten.

Und dann ist da noch die Sache mit den Jungs. Pastellfarben, Pink, Glitzer, Feen, Einhörner etc. werden mehr als eindeutig den Mädchen zugeschrieben und lässt die Jungs außen vor. Natürlich verbietet ihnen niemand so wirklich mit Mädchenspielzeug zu spielen, aber ihnen wird vermittelt, dass ein Junge nicht mit Puppen spielt, weil er irgendwann ein Mann werden soll. Der Großteil der Bevölkerung akzeptiert es mittlerweile, wenn Mädchen mit Autos und Ritterfiguren spielt. Wenn es darum geht Jungs mit Babypuppen und Feenfiguren spielen zu lassen, sieht es oft schon wieder anders aus. Allerdings glaube ich zu beobachten, dass diese Grenzen zumindest in den Köpfen etwas aufweichen. Ich kann dabei jedoch nur von meinen näheren Freunden und Bekannten sprechen. Ich würde diese Entwicklung begrüßen. Manchmal überlege ich, ob wir der Entwicklung und Fantasie von Jungs nicht manchmal engere Grenzen stecken, als den Mädchen.

Ich kann und möchte hier nun weder die Mädchen-Überraschungseier, noch die pinke Abteilung im Spielwarenladen verteufeln. Für „gut“ heiße ich diese Marketingstrategien nicht. Meiner Meinung nach, sollten Spielzeuge generell nicht nach männlich und weiblich sortiert werden, egal welche Coleur. Spiele sind wichtig für die Kinder, in vielerlei Hinsicht, man sollte ihnen hier nicht zuviele Grenzen setzen.