„Frauen entscheiden sich halt für so Soziales. Geld ist ihnen nicht so- HEY! Ihr streikt? Denkt doch mal an die Kinder ihr Egoistinnen!!elf“
— mauerunkraut (@mauerunkraut) 2. Juli 2016
Ich bin eine Frau und habe mich für so einen Beruf entschieden, der mich nicht ohne weiteres reich machen wird. Einen sozialen Beruf, was mit Menschen, berufliche CareArbeit. Damit bin ich mitverantwortlich für den Gender Pay Gap. Und da mich zu dieser Entscheidung niemand gezwungen oder genötigt hat, bin ich auch ganz allein dafür verantwortlich, mit diesem meinem Beruf nicht reich zu werden, ganz allein selbst verantwortlich und habe diese Tatsache auch zu akzeptieren.
Natürlich versichert man mir immer wieder, wie wichtig meine Arbeit ist und wie viel Respekt man davor hat, dass man diese Arbeit zu den belastenden Arbeitsbedingungen und vor allem zu den eher niedrigen Gehältern macht. Also, solange nicht ernsthaft bessere Arbeitsbedingungen und Gehälter gefordert werden, oder gar dafür gestreikt wird. Im #Kita-Streik letztes Jahr (der allerdings nicht nur ein Kita-Streik war) verbreitete sich sehr bald die Überzeugung, dass Erzieherinnen ja eigentlich viel zu viel verdienen würden – vorher gehörten sie zu den schlechtbezahlten Berufe, die man nicht ergreifen sollte, wenn man gut verdienen möchte.
Bei jeder Diskussion um den Gender Pay Gap taucht irgendwann das Argument auf, dass sich Frauen ja für so soziale Berufe entscheiden und deswegen weniger verdienen, als Männer in zum Beispiel technischen Berufen. Gleichzeitig gesteht man diesen sozialen Berufen nicht zu in die eine oder andere Gehaltsklasse aufzusteigen. Warum werden sie denn systematisch abgewertet („Pflegen kann jeder“, „ist doch nur singen und spielen“), während man doch ganz genau weiß, wie notwendig ihre Tätigkeiten für die Gesellschaft sind („Eltern werden in Geiselhaft genommen!“)?
Funfact: Soziale Berufe gelten häufig als schlecht bezahlt. Sobald sie aber streiken, gelten sie als überbezahlt.
— mauerunkraut (@mauerunkraut) 29. September 2015
Ein weiteres Argument, das ich immer wieder in Kommentarspalten lese: „Es kann doch nicht sein, dass eine Sozialarbeiterin mehr verdient als ein Ingenieur!“ Nicht, dass ich Ingenieur*innen ihre Gehälter nicht zugestehe, aber:
Warum eigentlich nicht?
Wo steht geschrieben, dass die Auseinandersetzung mit Technik mehr wert sein muss, als die Auseinandersetzung mit Menschen? Wer sagt, dass das eine unabänderliche Tatsache ist? Wie kommen wir darauf, dass Care Berufe nichts wert sind, obwohl es zwangsläufig Probleme für die Allgemeinheit entstehen, wenn in diesen Berufen die Arbeit niedergelegt wird?
Wir müssen nicht darüber diskutieren, ob der Gender Pay Gap etwas über eine beabsichtigte und direkte Diskriminierung aussagt oder nicht. Aber wir müssen Diskussionen darüber führen, wie wir dieses Gefälle ausgleichen und kompensieren oder vielleicht ganz vermeiden, um Altersarmut zu verhindern. Wir müssen darüber diskutieren, ob wir zu den „falschen Berufen“ wirklich die Tätigkeiten zählen wollen, die für die Gesellschaft unverzichtbar sind und welche Wertigkeit wir ihnen zugestehen. Der abwehrende Verweis darauf, dass Frauen halt beruflich einfach die falschen Entscheidungen treffen, sagt nämlich vor allem eines: „Nicht mein Problem!“